Portrait AZ/AN: Von Beginn an in den vorderen Reihen

Quelle: Grobusch/AZ
Quelle: Grobusch/AZ

Dr. Werner Pfeil sitzt seit einigen Tagen für die Liberalen im Landtag. Die Partei hat ihm in der Koalition viele Aufgaben anvertraut.

Wechsel: An seinem Schreibtisch in der Kanzlei in Stolberg wird Dr. Werner Pfeil nur noch selten sitzen. Er hat inzwischen sein Büro im Düsseldorfer Landtag bezogen.


Städteregion. Seine erste Rede hat Dr. Werner Pfeil gleich in der ersten Plenarsitzung des Landtages gehalten, in der es auch um Inhalte und nicht nur um Personelles wie die Wahl des neuen Ministerpräsidenten Armin Laschet ging. Offiziell war es schon die dritte Plenarsitzung in der aktuellen Legislaturperiode.


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Pfeils Thema: Tihange. Natürlich, mag man denken. Schließlich stammt der Liberale aus der Region, ist Chef der FDP im Altkreis Aachen, Abgeordneter im Städteregionstag und wie kaum ein anderer in der FDP-Landtagsfraktion tief im Thema drin. Doch die Kollegen in Düsseldorf setzen auch bei anderen Themen auf den Juristen: Landtagsneuling Pfeil ist Obmann der FDP im Amri-Untersuchungsausschuss, der die Rolle der Sicherheitsbehörden vor dem Terroranschlag von Amri in Berlin beleuchtet. In welchen Ausschüssen er außerdem aktiv werden wird, entscheidet die Fraktion in der kommenden Woche.


Recht, Europa und Inneres: Das sind die Themen, die Werner Pfeil besonders liegen und an denen er auch im Landtag arbeiten möchte. Vor allem Europa, insbesondere die Frage, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Regionen wie der Aachener gelingen kann, treibt den 51-Jährigen um, und das schon seit vielen Jahren.


Im Städteregionstag wirbt er wieder und wieder dafür, die trinationalen Gespräche trotz aller Rückschläge und bürokratischer Hindernisse nicht abreißen zu lassen, sondern immer wieder zu versuchen, Verbesserungen für die Menschen diesseits und jenseits der Grenzen zu erreichen. „Was wir hier umsetzen können, ist übertragbar auf andere Grenzregionen“, sagt er. Zumindest das, was mit den niederländischen Partnern vereinbart wird. „Mit den belgischen Provinzen geht nicht viel. Nur mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft klappt es. Das liegt an der Kompetenzverteilung in Belgien. Trotzdem muss man weiter im Gespräch bleiben, um Lösungen zu finden.“

 

Europapolitische Ziele der FDP

 

Zusammen mit dem Europaabgeordneten Alexander Graf Lambsdorff und anderen hat er die europapolitischen Ziele der FDP im Düsseldorfer Landtag formuliert. „Das haben wir eins zu eins in den Koalitionsvertrag mit der CDU einbringen können“, sagt er mit einem zufriedenen Lächeln. Immerhin drei von rund 120 Seiten des Koalitionsvertrages, ziemlich am Ende des Papiers, sind dem Thema „Europa und Internationales“ gewidmet. Unter anderem heißt es da, CDU und FDP eine „der Anspruch, Nordrhein-Westfalen wieder zu einer treibenden Kraft in der Europapolitik“ zu machen.


Die Idee der europäischen Einigung wollen CDU und FDP in der Zivilgesellschaft „fester verankern“. Konkret soll das durch Begegnungen geschehen, deshalb will die neue Landesregierung beispielsweise „den Europagedanken gewidmete Schulfahrten“ fördern,. Geprüft werden soll, ob und wie das Thema Europa stärker im Schulunterricht eingebracht werden kann.
Zu regeln gibt es für Grenzregionen – und NRW hat eine lange Grenze mit den Niederlanden, eine kürzere mit Belgien – eine Menge, sagt Pfeil. „Steuern, Soziales, Regelungen für den kleinen Grenzverkehr, Bildung, Arbeit, grenzüberschreitende Berufsausbildung und Anerkennung: 62 Punkte, die Grenzpendlern Probleme bereiten, stehen auf einer Liste, die das ITEM in Maastricht ermittelt hat und an denen wir arbeiten wollen.“


Pfeil freut es, dass im Koalitionsvertrag viele dieser Punkte explizit aufgegriffen werden, zum Beispiel der Abschluss eines Abkommen zur grenzüberschreitenden medizinischen Notfallhilfe, die Stärkung eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, der Abbau bürokratischer Hindernisse für Grenzpendler oder eine intensivere Kooperation der Sicherheitsbehörden. „Da können wir viel von anderen Regionen lernen“, betont Pfeil. Vor allem Baden-Württemberg sei sehr weit in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. „Man muss ja nicht alles neu erfinden.“

 

Windenergie: Befürworter und Skeptiker

 

Das Klima in der neuen Koalition und in seiner Fraktion sei gut, meint Pfeil. „Mein Gefühl sagt: sehr gut. Aber es gibt viele Punkte, von denen die Bürger zurecht erwartet, dass sich etwas bewegt.“ In unserer Region ist das natürlich auch das Thema Atomreaktor Tihange. „Da müssen wir im Gespräch bleiben, den Belgiern alternative Lösungen anbieten“, sagt er mit Blick darauf, dass es beispielsweise keine Stromtrasse zwischen Deutschland und Belgien gibt. Die Sorgen der Belgier, dass sie Energieengpässe haben werden, wenn sie die Reaktoren abschalten, seien ja begründet. Und die müsse man ihnen nehmen.


Dabei vertritt er durchaus seine eigene Meinung. „Beim Thema Windenergie gibt es Befürworter und Skeptiker in den eigenen Reihen“, stellt Pfeil fest. Natürlich müsse eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung für ganz Nordrhein-Westfalen sichergestellt werden. Aber, sagt er mit Blick darauf, dass die Koalition die Rahmenbedingungen für Windkraft massiv beschneiden will: „Wer Windräder kritisiert, der muss auch sagen, wie die Alternativen aussehen können.“ Zu dem, was dazu und auch zu anderen Punkten im Koalitionsvertrag steht, sagt Pfeil mit spürbarer Distanz: „Die Ergebnisse sind in den einzelnen Fachgruppen erarbeitet worden.“ In der Fachgruppe, in der es um Windräder ging, war er offensichtlich nicht.


Pfeil hat er auch schon erste Gespräche mit den Bürgermeistern geführt. Dem Wunsch der Bürgermeister aus Monschau, Roetgen und Simmerath, die Förderschule Nordeifel beizubehalten, hat die Landtagsfraktion der FDP durch einen gemeinsamen Antrag mit der CDU den Weg bereitet. Pfeil hat die Bürgermeister am 4. Juli darüber informiert und nur zwei Tage später hat der Förderschulverband Simmerath einen Antrag zur Beibehaltung der Förderschule gestellt. So schnell kann das dann gehen.


Dass mit Armin Laschet (CDU) der neue Ministerpräsident aus der hiesigen Region kommt, ist laut Pfeil „sicher kein Nachteil“. Im Gegenteil: „Für die Region ist das in vielen Bereichen sicher von Vorteil, auch wenn Laschet natürlich ganz NRW im Blick haben muss.“ Aber wenn es um Themen wie das Aachen-Gesetz geht, das die Zusammenarbeit von Stadt und Altkreis Aachen in der Städteregion regelt, sei es ein großer Vorteil, weil Laschet die Problematik kenne. Neu geregelt werden müssten hier auf jeden Fall die finanziellen Beziehungen der beiden Partner.

 

Der Städteregionstag

 

Als Mitglied des Städteregionstages kennt Pfeil das Aachen-Gesetz natürlich von A bis Z. Aber bleibt er im Städteregionstag? Oder konzentriert er sich künftig ganz auf die Landtagsarbeit? „Im Moment weiß ich noch nicht, wieviel Arbeitsaufwand das Landtagsmandat für mich bedeutet“, sagt er. „Es wäre sicherlich gut, beides zu machen, weil ich dann Informationen aus dem Landtag in den Städteregionstag einbringen kann und umgekehrt.“ Aber er will auch nicht nur sporadisch im Städteregionstag auftauchen. Bis Ende des Jahres will er sich Zeit lassen mit der Entscheidung.
Im Städteregionstag arbeitet Pfeil ehrenamtlich, beruflich ist er als Anwalt in einer großen Kanzlei in Stolberg tätig. Bleibt er das auch als Landtagsabgeordneter? „Das werden wir sehen“, sagt Pfeil. „Wir haben aber auch schon eine Kollegin eingestellt, die meinen Bereich mit übernimmt.“ Werner Pfeil, der in Würselen wohnt, will sich also künftig voll auf die politische Arbeit konzentrieren. Und das ihm die viel Spaß macht, merkt man ihm deutlich an.


von Jutta Geese und Michael Grobusch
Aachener Zeitung; 08.07.2017

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