
Am heutigen Dienstag fand auf Antrag der FDP-Landtagsfraktion eine Anhörung des Schulausschusses statt, indem es unter anderem erneut über die Verbesserung der Grundschullehrkräfteausbildung in NRW ging.
In der gestrigen Berichterstattung der Aachener Zeitung zur Grundschullehrkräfteausbildung in der Region Aachen wurde nun von Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier angekündigt, dass noch vor Ostern eine Lösungsidee der NRW-Landesregierung vorliegen werde. Nicht die RWTH Aachen soll nun einen eigenen Lehrstuhl für das Grundschullehramt einrichten, sondern es soll eine Dependance-Lösung mit der Universität Siegen erfolgen. Beide Seiten sollen laut Berichterstattung bereits ihr Interesse bekundet haben.
In der Vergangenheit hatten sich die FDP und insbesondere der Aachener FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Werner Pfeil mit vollem Engagement um einen Standort der Grundschullehrkräfteausbildung in der Region Aachen bemüht. Auch der sog. „Klebeeffekt“, den Pfeil immer wieder thematisierte, wird bis heute vom Schul- und Wissenschaftsministerium bestritten.
Von den neuesten Plänen der beiden CDU-geführten Ministerien (MSB und MKW) erfuhr Werner Pfeil nun aus der Zeitung: „Wenn die Opposition die neuesten Vorschläge des Schul- und Wissenschaftsministeriums aus der Zeitung zur Kenntnis nehmen muss, müssen nun auch konkrete Angaben der Verantwortlichen folgen! Es reicht definitiv nicht aus, dass zum wiederholten Male über die Thematik gesprochen wird. Beide Ministerien müssen jetzt Ross und Reiter nennen und Konkretisierungen einer solchen Zweitniederlassung nennen! Wieder einmal stehen nur Unbestimmtheiten im Raum. Angaben zum Standort, zum Zeitrahmen und zur weiteren Vorgehensweise bleiben weiter offen“, so Pfeil. Unabhängig davon gibt es insbesondere noch neu veröffentlichte Zahlen zu klären, auf die das Ministerium im Rahmen mehrerer Kleiner Anfragen noch nicht eingegangen ist.
Auf Rückfragen erhält Werner Pfeil auch Rückendeckung vom Vorsitzenden des VBE Region Aachen Matthias Kürten, der ebenfalls an der Anhörung des Schulausschusses teilnahm: „Die Situation in der StädteRegion ist wirklich dramatisch. Jede Woche fallen 2.000-3.000 Unterrichtsstunden aus, Klassen müssen ins Distanzlernen geschickt werden oder einzelne Lehrkräfte müssen bis zu drei Klassen gleichzeitig betreuen. Hätten wir bereits 2017, wie von Werner Pfeil (FDP) damals schon angebahnt, die Lehrkräfteausbildung in der RWTH Aachen umgesetzt, hätten wir viele Probleme, die wir heute haben, nicht!“
Bislang steht im Streit, ob an der RWTH Aachen wieder Grundschullehrkräfte ausgebildet werden sollen. Hintergrund für den Standortstreit ist der sog. „Klebeeffekt“, wonach viele Grundschulanwärter*innen in der Region der Universitäten bleiben, an denen ein Lehrstuhl für Grundschullehrkräfte besteht. Während das Ministerium diesen „Klebeeffekt“ verneint und der Rektor der RWTH meint, dass die Grundschullehrerausbildung nicht zur RWTH passe, sahen einige Sachverständige dies anders. Dass die Region Aachen sich mittlerweile zu einer „Diaspora“ für Grundschullehrer entwickelt hat, bestätigte Matthias Kürten (VBE Region Aachen). Insbesondere die Stellungnahme des VBE Region Aachen unterstützt die Forderung eines Studienstandortes für das Grundschullehramt und Sonderpädagogik an der RWTH Aachen ebenfalls.
Soweit seitens des Schul- und Wissenschaftsministeriums ein solcher „Klebeeffekt“ bestritten wird, muss nach der heutigen Auffassung davon ausgegangen werden, dass es diesen „Klebeeffekt“ gibt und es damit zu den Unterbesetzungen der Lehrstellen in der Region kommt. Die Sachverständigen wurden in der Anhörung im Düsseldorfer Landtag nach dem "Klebeeffekt" gefragt und ob es weitere Uni-Standorte in NRW geben sollte, um Studierende am Unistandort zu halten. Die Forderung der FDP, an der RWTH wieder Grundschullehrerausbildung einzuführen, wurde von ihnen bejaht. Die Sachverständige Frau Pia Amelung von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände bestätigte, dass sie den Klebeeffekt von vielen Städten kenne und Aachen ein Beispiel dafür sei, wenn keine Ausbildung dort stattfindet. Der Sachverständige Christian Müller vom Landkreistag sagte, beide Ministerinnen müssten dies nun zur Chefinnensache machen und endlich auch für die Region Aachen handeln! Die Sachverständige Milena Magrowski vom Städte - und Gemeindebund bestätigte, dass als Gesamtkonzept alle Hochschulen in den Blick zu nehmen sind und zu prüfen, wo Grundschullehrerausbildung an den Unis notwendig ist.
Auch die Kleine Anfrage von Pfeil (LT-Drs. 18/2703) bestätigt dies. Danach treten ca. 30 % der Referendare, die Aachen zugewiesen werden, ihre Stelle dort gar nicht an. „Damit ist es nicht nur so, dass diese nach ihrem Referendariat die Region wieder verlassen, vielmehr kommen diese gar nicht erst in die Region“, sagt Pfeil. Hintergrund ist die Antwort einer Kleinen Anfrage (LT-Drs. 18/3357), wonach Aachen 110 Referendare zugewiesen wurden, aktuell sind aber nur ca. 70 Referendare im Seminar. D. h. 36,36 % der zugewiesenen Referendare haben ihren Dienst nicht angetreten. Landesweit treten nur 26,7% der Referendare ihren Dienst nicht an. Der Aachener Schnitt liegt damit 10%-Punkte über dem Landesschnitt. Hieran wird bereits deutlich, wie signifikant höher diese Zahl ist.
Die Vertreter der FDP Landtagsfraktion Franziska Müller-Rech (schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion) und Dr. Werner Pfeil (Aachen) könnten sich als kleinsten gemeinsamen Nenner die Dependance eines bestehenden Lehrstuhls vorstellen, um die Ausbildungs- und Versorgungssituation an den Grundschulen im Raum Aachen schnell und nachhaltig zu verbessern. Müller-Rech und Pfeil sind sich einig: „Es braucht eine zeitnahe Lösung, um den besorgniserregenden Zahlen des IQB-Bildungstrends gezielt entgegenzuwirken. Es ist höchste Zeit endlich zu handeln, um den Lehrkräftemangel in NRW und auch in der Region Aachen schnell und nachhaltig zu verbessern! Die Landesregierung reagiert zu spät und nur halbherzig – dabei haben wir keine Zeit zu verlieren.“
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Tobias Watzke (Donnerstag, 09 März 2023 10:58)
Endlich kommt hier etwas Schwung in die Sache!
Vielen Dank für Ihre Arbeit.